Details
Panama
I. Allgemeines
Die Republik Panama liegt in Zentralamerika und grenzt im Westen an Costa Rica und im Osten an Kolumbien. Das Land hat sowohl Zugang zur Karibik im Norden als auch zum Pazifik im Süden. Mit 4,4 Millionen Einwohnern (2021) und einer Größe von 75.000 km2 ist es ein relativ kleines Land. Die Hauptstadt und gleichzeitig größte Stadt des Landes ist Panama-Stadt (spanisch: Ciudad de Panamá). Politisch ist Panama in zehn Provinzen und vier Comarcas (indigene Regionen) mit Provinzstatus unterteilt. Panama ist eine Präsidialdemokratie nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative. Im lateinamerikanischen Vergleich bietet das Land ein stabiles politisches Umfeld und ist auch von der Sicherheitslage als relativ gut einzustufen. Allerdings ist das Land auch von einer großen sozialen Ungleichheit geprägt.
Panamas Wirtschaft
Panama lässt sich als offene Volkswirtschaft mit unternehmerfreundlichen Gesetzen beschreiben. Das Land hat relativ wenig Industrie und ist daher eine dienstleistungsorientierte Wirtschaft mit Finanzdienstleistungen, Banken, Logistik, Transport und Tourismus. Der BIP pro Kopf (aktueller US$) betrug $ 14.617,6 im Jahr 2021 und das Wirtschaftswachstum lag im selben Jahr bei 15,3 %. Die Währung Panamas ist der Balboa, welcher mit einem Kurs von 1:1 an den US$ gekoppelt ist, was zu Stabilität und zur Erleichterung internationaler Transaktionen führt. Bezahlt werden kann sowohl mit US$ als auch mit Balboa. Die Inflation lag im Jahr 2022 bei 2,9 %.
Die Arbeitslosenquote ist mit 8,8 % (2022) vergleichsweise gering, aber leider ist die Beschäftigung im informellen Sektor weit verbreitet und hoch. Eine Statistik aus dem Jahr 2021 schätzt den Anteil der informellen Beschäftigung an der Gesamtbeschäftigung auf 55,7%. Im Corruption Perception Index von 2021 belegte Panama Rang 105 von 180 Ländern. Zudem ist Panama ein relativ teurer Standort und oft finden Unternehmen in Panama nicht genügend qualifiziertes Personal - weder für technische noch für administrative Tätigkeiten. Im 2018-2019 Competitiveness Report des World Economic Forum belegt Panama den Rang 118 von 141 bezüglich der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern. Dies lässt sich insbesondere auf strukturelle Defizite im Bildungssystem zurückführen. Dazu gehören geringe Investitionen in den Bau neuer Schulen und Universitäten, aber auch in die Instandhaltung bestehender Gebäude. Hinzu kommt eine Verwaltung mit veralteter IT-Technik, fehlende Transparenz und Kontrolle des Managements, veraltete akademische Lehrpläne und ein Lehrpersonal, das in starken Gewerkschaften organisiert ist, die sich gegen jegliche wettbewerbsfähigen Veränderungen wehren. Dies führt zu Elitenbildung und noch mehr Ungleichheit in der panamaischen Gesellschaft.
Zudem befindet sich Panama sowohl auf der EU-Liste nicht kooperativer Länder für Steuerzwecke sowie auf der grauen Liste der Financial Action Task Force (FATF), einer zwischenstaatlichen Organisation, die weltweit Standards setzt im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Allerdings arbeitet das Land daran, seine Tax Compliance zu verbessern. Der internationale Druck hat dafür gesorgt, dass eingefahrene Strukturen aufgebrochen wurden und heute deutlich mehr Transparenz herrscht.
Infrastruktur
Im 2018-2019 Competitiveness Report des World Economic Forum wird Panama als ein führendes Land in der Logistikinfrastruktur in der Region eingestuft. Insbesondere im Bereich der Effizienz von Luftverkehrsdienstleistungen und Seehafendienstleistungen schneidet Panama im internationalen Vergleich besonders gut ab (Platz 9 und 7 von 141).
Insgesamt gibt es 63 Flughäfen, Flugplätze und Landepisten im Land; die wichtigsten davon sind: Aeropuerto Internacional Tocumen, Aeropuerto Internacional Marcos A. Gelabert, Aeropuerto Internacional Enrique A. Jiménez, Aeropuerto Internacional Panamá Pacífico, Aeropuerto Internacional Scarlett Martínez und Aeropuerto Internacional Enrique Malek. Der internationale Flughafen Tocumen ist ein wichtiges Drehkreuz für Nord- und Südamerika.
In Panama gibt es 20 privat und 15 staatlich betriebenen Häfen. Die größten Häfen sind: Manzanillo International Terminal, Colon Container Terminal, Cristóbal, Balboa und PSA Panama. Besonders wichtig für die Logistikbranche und den internationalen Handel ist der Panamakanal, welcher mit einer Länge von 72 km und über drei Schleusen die Pazifikküste bei Panama-Stadt mit der Karibikküste bei Colón verbindet. Der Panamakanal ist mit rund 3% des globalen Handelsschiffsverkehrs eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. 144 verschiedene Seerouten durchlaufen den Kanal, mehr als 14.000 Schiffe bewegen sich jährlich hindurch. Ein komplexes System von Containerterminals koordiniert den Warenumschlag am Pazifik und an der Karibik, und registriert ein jährliches Containeraufkommen von 4,25 Millionen TEUs. Ergänzt wird das durch den interozeanischen Eisenbahnverkehr, der jährlich 330.000 Container von einer Küste zur anderen transportiert.
Das Schienennetz besteht allein aus der Strecke zwischen Panama-Stadt und Colón (Länge: 77 km), welche hauptsächlich für den Güterverkehr genutzt wird.
Die Straßeninfrastruktur besteht aus der Panamericana, dem nördlichen und südlichen Korridor von Panama, Colón und den Querstraßen, die die wichtigsten städtischen Gebiete miteinander verbinden. Insgesamt umfasst das Straßennetzwerk rund 15.800 km.
Zugang zu Elektrizität haben 92,4 % der Bevölkerung. Panama ist durch fünf Unterseekabel aus optischen Fasern zu einem der bevorzugten Technologiezentren geworden, sodass es ideal für Telekommunikationsgesellschaften und Datenverarbeitungszentren ist. Außerdem besteht eine enge Verbindung zu Nord- und Südamerika, sowie Anschluss an Europa, Asien und die Karibik. Es gibt verschiedene Internetanbieter in Panama, aber die größten sind Cable & Wireless und Tigo. Diese bieten Internet sowohl für Privat- als auch für Business-Nutzer an.
Freihandelszonen
Panama profitiert sehr von der Freihandelszone Colon, der größten Freihandelszone der westlichen Halbkugel. Dort sind ca. 3.000 Unternehmen angesiedelt, die ein jährliches Umsatzvolumen von mehr als 19 Milliarden Dollar erwirtschaften. Unternehmen, die in dieser Zone tätig sind, profitieren z.B. von Steuerbefreiungen für Import- und Reexportaktivitäten. Die besondere Wirtschaftszone „Área Económica Especial Panamá Pacífico“ auf dem Gelände des ehemaligen Luftstützpunktes „Howard” ist ein internationales Geschäftszentrum, welches wie die Freihandelszone Colon Zoll-, Einwanderungs-, Arbeits- und Steuervorteile bietet. Zudem gibt es z.B. zwölf Zollfreigebiete und andere Regime, die Investitionen und Handel erleichtern.
II. Der Bausektor
Die Bedeutung der Bauindustrie ist im Land in den letzten zwei Jahrzenten deutlich gewachsen und nimmt im BIP seitdem stets einen zweistelligen Bereich ein. Aufgrund der internationalen Ausrichtung der panamaischen Wirtschaft sind Einflüsse wie Nachhaltigkeit, ein stärkerer Fokus auf Dekarbonisierung, Einsparungen im Bereich Wassernutzung und Verwaltung von Ressourcen wichtige Themen. Da Panama nur eines von drei Ländern weltweit ist, welches CO2-negativ ist, sieht man auch im Bereich Umweltbewusstes Bauen eine Verantwortung, der man sich sehr gerne stellt.
Panama-Stadt verfügt mit seinen 1.1 Mio. Einwohnern über 150 Hochhäuser und somit über mehr als jede andere Stadt in Lateinamerika. Dieser Umstand gepaart mit der ganzjährlich sehr hohen Temperatur stellt einen außerordentlich hohen Bedarf an Gebäude- und Mall-Kühlung dar. Der Vorsitzende einer der größten Stromerzeuger Panamas ETESA, Ing. Barrida, bestätigte erst kürzlich, dass 70 % des Energieverbrauchs des Landes auf Klimaanlagen zurückzuführen sind, ein Zustand der durch effizientere Verglasung der Hochhäuser, eine bessere Dämmung und einen stärkeren Fokus auf Energieeffizienz deutlich verbessert werden könnte.
An panamaischen Universitäten ist das Thema in dem Masterstudiengang Nachhaltiges Bauen (Master en Construcción Sostenible) sowie den Bachelorstudiengängen Licenciatura en Edificaciones, Licenciatura en Ing. de Adm. de Proyectos de Construcción und in der Licenciatura en Ing. Civil an der Technischen Universität Panamas (UTP) vertreten. Die UTP ist nach internationalem Ranking die beste Universität Panamas.
Verwaltungsrechtlich tragen die Stadtverwaltungen die Hauptverantwortung im Bereich nachhaltiges Bauen. So wird der panamaische Green Building Council (GBC) durch das Municipio von Panama-Stadt finanziert. Leider finden sich in keiner weiteren Stadt des Landes weitere Green Building Councils (GBC).
Leuchtturm-Projekte
Das panamaische Unternehmen RRECSA führt seit Jahren verschiedene Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien mit deutschen Komponenten in Panama durch. Eins davon ist ein Off-Grid Solar-Projekt mit der panamaischen Kanalbehörde (Autoridad del Canal de Panamá, ACP) und dem Bildungsministerium (Ministerio de Educación, MEDUCA) zur Implementierung erneuerbarer Energien im Becken des Río Indio. Dort wurden an insgesamt 16 abgelegenen, schwer zugänglichen Schulen, die vorher keinen Zugang zur Stromversorgung hatten, Photovoltaikanlagen installiert. Je nach den Gegebenheiten wurden die Solarpanels auf dem Dach der Schule oder auf dem Boden installiert. Da es sich um die einzige Stromquelle in den Schulgebäuden handelt, ist Photovoltaik als nachhaltige Energiequelle voll in die bereits bestehende Gebäudestruktur integriert worden. Es konnten u.a. Ventilatoren, Licht, Fernseher und Ladestationen für Handys eingebaut werden, was die Bildung in der Schule verbessert und den Unterricht durch die Einbindung neuer Methoden wie z.B. das Anschauen von Dokumentationen interaktiver gestaltet. Die Ermöglichung des Zugangs zu Elektrizität ist ein kleiner Schritt, der den Lehr- und Lernprozess sowie das Leben der Gemeinden, einschließlich der Kinder, Lehrer und Eltern, erheblich verbessert hat. Nichtsdestotrotz bleibt in diesen und ähnlichen abgelegenen Gemeinden noch viel zu tun.
Des Weiteren ist anzumerken, dass Panama zusammen mit Costa Rica über die meisten Gebäude mit einem LEED-Platinum Zertifikat verfügt. Die höchste Auszeichnung des U.S Green Building Council mit einer erreichten Punktzahl von über 80 Punkten wurde insgesamt vier Objekten in Panama-Stadt verliehen. Dies sind Beispiele dafür, dass sowohl die Ressourcen als auch die Kompetenz in Panamá vorhanden ist, um Bauprojekte mit höchsten Nachhaltigkeitsstandards zu realisieren. Das erste Projekt, welches im Jahre 2013 die Platinum Zertifizierung erhielt, waren die „Dormitorios Ciudad del Saber“. Die Ciudad del Saber ist ein privat geführtes Geschäfts- und Gewerbegebiet mit der Mission durch nationale und internationale Kompetenz an nachhaltigen Lösungen in verschiedenen Lebensbereichen des Menschen zu forschen. Die Unterkunft Dormitorios auf dem Gelände der Ciudad del Saber ist für Gäste geeignet und konnte durch die Implementierung nachhaltiger Konzepte wie zum Beispiel: Solaranlagen, permeabler Pflasterung und Sanitäranlagen mit wenig Wasserverbrauch überzeugen.
Ein weiteres ausgezeichnetes Projekt ist das „Edificio 3815“, welches sich auf dem Gelände des Flughafens Panama Pacifico befindet. Es wurde mit einer erreichten Punktzahl von 63 mit der Gold-Zertifizierung ausgezeichnet. Im Gebäude befinden sich zahlreiche Einrichtungen wie unter anderem einer Apotheke, einem Baumarkt sowie mehreren Restaurants und Schulen. Das Gebäude überzeugt durch zahlreihe nachhaltige Konzepte wie zum Beispiel der Nutzung von Photovoltaikanlagen und einer fortschrittlichen Lüftungstechnik. Dadurch konnte der Energieverbrauch des Objekts um 25% gesenkt werden. Außerdem werden durch effiziente Trinkwassersysteme weniger Ressourcen verbraucht und die Bewässerung der Grünflächen besteht zu 75% aus recyceltem Wasser der Klimaanlagen.
Standardisierung und Zertifizierung
Die Regierung hat einen Leitfaden für Nachhaltiges Bauen (Guía de construcción sostenible para el ahorro de energía en edificaciones) erlassen. Ziel des Leitfadens ist es, ein Instrument für die Umsetzung nachhaltiger Gebäudestrategien zur Verfügung zu stellen, das in Gemeinden im ganzen Land angewandt wird, und die Energieeffizienz bei der Nutzung von Gebäuden zu fördern. Dadurch wird eine gewisse Standardisierung bezüglich der Methoden des nachhaltigen Bauens in Panama erreicht. Allerdings richtet sich das Dokument eher an Architekten, sodass gerade im Bereich Ingenieurwesen noch Handlungsbedarf besteht.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befinden sich noch keine von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifizierten Gebäude im Land. Allerdings gibt es schon einige Gebäude mit einer LEED-Zertifizierung, sodass sich auch in diesem Bereich ein Fortschritt zeigt.
Der panamaische GBC ist eine NGO, die sich aus ausgewählten, multidisziplinären Mitgliedern (aktuell 72) zusammensetzt, deren Ziel eine Förderung des Bausektors hin zu einem nachhaltigen Baumodell ist. Da in Panama das Thema nachhaltiges Bauen einen immer größeren Stellenwert einnimmt, nimmt auch die Bedeutung und der Einfluss des GBC immer mehr zu. Laut Einschätzung der Präsidentin des 2009 gegründeten Council, Frau Lorena Rios, steht man zwar noch relativ am Anfang des Weges, um Nachhaltigkeit substanziell auf dem Markt zu etablieren, da aber die (internationalen) Marktmechanismen und große globale Unternehmen Schritte wie Ressourceneinsparung, eine verbesserte Energieeffizienz in Gebäuden und Umweltbewusstsein fordern, passt sich Panama zwangsläufig dieser Entwicklung an.
Der GBC bietet die Möglichkeit, dass sich die Akteure des Bereichs nachhaltiges Bauen vernetzen, sich zu diesem Thema in Workshops und Seminaren weiterbilden und sie insbesondere auch durch institutionelle Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen im Zentrum der Entscheidungsfindung in diesem Sektor sind. Der GBC bietet z.B. Weiterbildung zur LEED-Zertifizierung an und hat mit dem ECO Protocolo auch eine eigene Zertifizierung entwickelt.
Ausschreibungen und Fördermaßnahmen
PanamaCompra ist eine Website der Dirección General de Contrataciones Públicas für alle öffentlichen Ausschreibungen (https://www.panamacompra.gob.pa). Sucht man auf dieser Seite Projekte des Ministerio de Obras Públicas, findet man alle staatlichen Projekte im Bausektor, auf die man sich dann direkt über die Website bewerben kann.
Zurzeit gibt es keine staatlichen Fördermaßnahmen für nachhaltige Bauprojekte. Üblicherweise wird auf eine Finanzierung durch den privaten Sektor zurückgegriffen.
QUELLEN
https://data.worldbank.org/country/PA
https://www3.weforum.org/docs/WEF_TheGlobalCompetitivenessReport2019.pdf
https://www.gtai.de/resource/blob/185728/da616914655fc38d32b59cbcf21a7666/GTAI- Wirtschaftsdaten_November_2022_Panama.pdf
https://www.gtai.de/de/trade/panama/wirtschaftsumfeld/panama-lage-ist-trumpf-962628
https://www.panamapacifico.com/en/this-is-panamas-main-logistics-infrastructure/
https://logistics.gatech.pa
https://botschaft-panama.de/ger/investieren-in-panama/
https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/panama-node/bilateral/206562
https://ciudaddelsaber.org/edificios-sostenibles-la-mejor-apuesta-para-el-futuro-2/
https://www.rrecsa.com/#proyectos
https://www.gacetaoficial.gob.pa/pdfTemp/28165/GacetaNo_28165_20161124.pdf
https://www.gacetaoficial.gob.pa/pdfTemp/28820/GacetaNo_28820_20190718.pdf
https://panamagbc.org
https://www.panamacompra.gob.pa
https://www.sica.int/busqueda/Noticias.aspx?IDItem=105590&IDCat=3&IdEnt=1225&Idm=1&IdmStyle=1
Entrevista con Green Building Council el 06.10.2022 (Sra. Lorena Rios, Sra. Maria Camila, Sra. Zoraida Navarro)